Mek Wok heißt "alte Frau"

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Mek Wok heißt "alte Frau" 

Ich sitze im Luftzug des Ventilators und schwitze fürchterlich. Das winzige Häuschen von Mek Wok ist ärmlich eingerichtet. Zwei abgewetzte Sofas und ein Tischchen füllen den kleinen Raum komplett aus, an der Wand hängen kitschige Bilder und Plastikblumen. Die Tür zum Hof steht offen; der bunte Hahn, der vorbei stolziert will nicht so recht in die Umgebung passen. Die Hitze flimmert zwischen mir und den zwei Angehörigen von Mek Wok. Ihre jüngere Schwester und ein Mann ohne Zähne starren mich an. Ich nehme einen Schluck von dem viel zu süßen Tee, während Ja'a, mein Dolmetscher neben mir sitzt und an seinem Handy rumfummelt. Ich weiß nicht, wohin mit mir und kritzele Dreiecke in mein Heft neben die Interviewfragen, die ich der alten Dame stellen möchte. Plötzlich kommt sie um die Ecke; ein breites, zahnloses Grinsen im Gesicht. Mek Wok ist gerade mal einen Meter fünfzig groß und kann nicht mehr als 20 Kilo wiegen. Ich habe Angst, ihre knochige Hand zu brechen, wenn ich sie drücke. Aber die Lady hat einen kräftigen Händedruck und kneift mir zum Beweis fest in meine Wange. Ich werde rot, alle lachen und die angespannte Stimmung wird vom Ventilator weg gepustet. Ja'a übersetzt meine Worte an die alte Frau: wie sehr ich mich freue, sie endlich gefunden zu haben und danke, dass sie Zeit für mich hat. Als Antwort bekomme ich eine Frage: was ich ihr denn mitgebracht hätte? Ohman, scheiße, denke ich, ein kleines Gastgeschenk wäre vielleicht angebracht gewesen. Der Freund von Ja'a schnappt sich den Autoschlüssel und fährt schnell zum nächsten Laden. Wenige Minuten später kommt er mit einer Tüte Äpfel zurück. Jetzt endlich kann es los gehen. Ich stelle meine Fragen. Am Ende würde ich Mek Wok am liebsten in die Arme nehmen. Sie erzählt wie selbstverständlich, dass sie ihren Ehemann Nummer 23 furchtbar doll liebt, ihn aber leider seit zwei Jahren nicht gesehen hat, weil er in einer Entzugsklinik einsitzt. Geld hätte sie aber eh keines, um ein Taxi dorthin zu bezahlen und ihre Familie besitzt kein Auto. Ihr Ehemann ist 38, und damit 68 Jahre jünger als sie. Viel Glück hatte sie mit den Männer nie. Der erste schlug, der zweite war ein Säufer, der dritte gerade mal vierzehn Jahre alt, als sie ihn mit 25 heiraten musste. Die Ehe hielt 3 Monate. Ihr Leben lang hat sie hart gearbeitet, als Erntehelferin und Landarbeiterin. Eine Ausbildung hat sie nie bekommen und ihre ärmliche Rente reicht jetzt gerade so zum Überleben. Da sie nie schwanger wurde, gibt es keine Kinder, die sich um sie kümmern könnten. Sie erzählt eine bedrückende Geschichte. Trotzdem, für die Zukunft wünscht sie sich nichts mehr, als ihren Ehemann besuchen zu können. In der Klinik. Sie liebt ihn. 

Während des Gesprächs streicht Mek Wok mir immer wieder über den Rücken, tätschelt meine Wange und grinst mich an. Sie hat einen echten Schalk im Nacken und ist ansteckend gut drauf. Als sie mein altes, ausgeleiertes Haargummi um meine Hand sieht, nestelt sie daran herum und Ja'a gibt mir zu verstehen, dass ich es ihr schenken sollte. Sie freut sich diebisch darüber und ich wundere mich schwer. Noch zwei weitere Stunden sitzen wir in dem kleinen Raum, trinken den süßen Tee und lachen. Naja, die anderen lachen; ich kriege den Witz immer erst dann mit, wenn Ja'a für mich übersetzt. Aber die alte Lady scheint so unbekümmert und lebensfroh, dass ich es fast fühlen kann.


Ja'a und sein Freund drücken Mek Wok zum Abschied ein paar Ringgit in die Hand und ich tue es ihnen gleich. Vielleicht reicht es ja, dass sie damit ihren Ehemann besuchen kann? Ich hoffe es für sie. 
Mit großem Respekt verlassen wir den Hof. Der stolze Hahn kräht zum Abschied und Mek Wok winkt uns wie ein kleines Mädchen hinterher. Ich bin schwer beeindruckt und glücklich über diese Begegnung. Doch der Tag ist noch nicht vorbei. Ich befinde mich noch immer in der tiefsten muslimischen Provinz, was mich noch einiges lehren soll...