von süßen Früchtchen

10:23 Edit This 0 Comments »
 Andere Länder, andere Sitten.
Dieser altkluge Spruch trifft heute den Nagel auf den Kopf. Nachdem ich meinen Artikel über die Lun Bawang mühselig fertig geschrieben hatte, musste ich dringend raus. Einfach weg, mich auf andere Gedanken bringen. Nach der obligatorischen halben Stunde in meinem Bushäuschen steige ich dort aus, wo es mir gefällt. Es ist 17 Uhr, Zeit für Malaysias Tea Time. Nur jetzt, und nur für einige Stunden werden auf der Straße frittierte Bananen und Frühlingsrollen angeboten. Sie triefen vor Fett, aber ich kann nicht daran vorbei gehen. Mampfend, mit einer kleinen braunen Tüte, in denen die Köstlichkeiten schnell weniger werden, marschiere ich los. Ohne Ziel. Die Hitze ist heute wieder unerträglich und es fühlt sich an, als würde das Fett in mir augenblicklich verdampfen und aus sämtlichen Poren fließen. Das ist natürlich Quatsch, denke ich faselnd vor mich hin und bemerke dabei nicht, dass ich in einer Gegend gelandet bin, in der man lieber nicht sein möchte. Über meinem Kopf knattert die Straßenbahn hinweg, ich schaue ängstlich nach oben und sehe einen dunkelgrauen Himmel über mir. Gruselig. Es herrscht eine gespenstische Atmosphäre. Ich presse ein Stück frittierte Banane an dem Kloß in meinem Hals vorbei und drehe mich nach allen Seiten um. Klack, klack, klack höre ich es auf mich zukommen. Mein Herz beginnt im Takt zu schlagen - ist das vielleicht mein Herz? Klack, klack, klack. Ich halte den Atem an und lausche. Wo sind all die Menschen? Und die Autos? Um mich herum nur die Bahntrasse und graue Hochhäuser. Hat sich da eine Gardine bewegt? Klack, klack. Jetzt muss es gleich um die Ecke biegen. Ich überlege noch, ob ich besser wegrennen soll, doch die Neugier ist stärker. Ich starre in die Richtung, aus der das Geräusch kommt und plötzlich biegt ein weißer Stock um die Ecke. Am Ende des Stocks läuft ein winziger Chinese, so klein, so winzig klein, dass ich mir ein Lachen verkneifen muss. Es sieht grotesk aus, wie er seinen viel zu großen Stock spazieren führt. Dann sehe ich, dass er eine Sonnenbrille trägt, obwohl es doch fast schon dunkel ist. Ein Blinder! Sowas gibt's hier? frage ich mich und schäme mich im selben Moment für diesen Gedanken. Klackend geht der kleine Mann gekonnt an mir vorbei und verschwindet wenige Meter weiter in einem Hauseingang. Ich schaue ihm hinterher und sehe ein goldenes Schild neben der Tür: Malaysian Association for the Blind lese ich dort und habe in diesem Moment ein neues Thema für meine Zeitung.
Beschwingt durch diesen Einfall laufe ich los, in Gedanken schon die Story schreibend. Während ich so vor mich hin überlege, Ideen verwerfe und neue kreire, gerate ich einen Stau. Plötzlich ist die Straße wieder voll von Autos. Es wird gehupt und gepöbelt, gestikuliert und geschrien. Kurzerhand beschließe ich, die Ursache für dieses Chaos zu finden und folge dem Verkehr. Nicht viel weiter biege ich in eine Straße, die bunt beleuchtet ist und in der tausende Menschen ihre Verkaufstischchen aufbauen, Waren auspacken und um die besten Plätze streiten. Ich bin ja seit Chinatown einiges gewöhnt, aber das hier lässt mich beinahe die Fassung verlieren. Ein altbekanntes Kribbeln breitet sich in mir aus und ich stürze mich in die Menge. Den verblüfften Gesichtern nach zu urteilen haben diese Menschen hier noch nie eine weiße Frau gesehen, doch an diese Blicke bin ich mittlerweile gewöhnt. Langsam dämmert es mir auch, wo ich hier bin. Natürlich, der Nachtmarkt! Von allen Reiseführern beschrieben und zerrissen werde ich nun selbst Zeugin dieses Spektakels. Es dampft und brodelt in den Töpfen, billige Plastikware liegt auf den Tischen, Obst- und Gemüsestände reihen sich aneinander. Es ist laut, bunt und hektisch. Ich spaziere eine Weile staunend durch die Menschen, bis die Straße abrupt endet. Hier ist es ruhiger und ich höre seltsame, schräge Musik. Ich werde so stark geblendet, dass ich mir die Hand vor Augen halte...

Fortsetzung folgt. Es ist 1.20 Uhr nachts! Ich muss schlafen!!