Deutsch, oder was?!

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Deutsch oder was

unsere Straße ins Nirgendwo
Der 7-Uhr-Bus nervt. Er soll mich in 10 Stunden nach Luang Prabang bringen (ein kleines Städtchen im Norden Laos‘) und ruckelt seit nunmehr 11 Stunden entlang der Serpentinen. Mir wird langsam schlecht und ich bin froh um die Kotz-/ Mülltüten, die sie hier verteilen. Bei all den Unannehmlichkeiten, vor denen mein Lonely Planet mich schon warnte, ist die Landschaft nur ein schwacher Trost. Wir fahren durch sattgrüne Täler bis hinauf in die Wolken, aus denen noch meilenweit die spitzen Berge ragen. Der Anblick ist wirklich atemberaubend und sagenhaft schön. 

aber schön ist es ja...
Wären da nur nicht die erwähnten Unannehmlichkeiten. Die Straßen sind so voller Schlaglöcher, dass wir alle permanent durchgeschüttelt werden; der Busfahrer hupt in einem fort, um die Kühe zu verscheuchen; die Beifahrerin hält sich für eine Entertainerin und unterhält den gesamten Bus mit Anekdoten und Witzchen; mehrere Kinder weinen unaufhörlich. Ich nehme es  gelassen. Auch die Tatsache, dass meine Sitznachbarin, eine junge hübsche Laotin, immer wieder einnickt und dabei ihr Kopf auf meine Schulter fällt. Die Laoten haben eine andere Vorstellung von Körperkontakt und dem deutschen Meter Privatsphäre. Was bis dato alles noch auszuhalten ist, wäre da nicht eine schreckliche Angewohnheit, die sie alle mit inbrünstiger Leidenschaft zelebrieren: rotzen. 

Sie müssen entweder unter einer schlimmen Nasennebenhöhlenkrankheit leiden, einen Parasiten in der Lunge haben oder Kettenraucher sein. Ich weiß es nicht, ich will es auch gar nicht wissen. Was die Leute dort in diesem Bus heute aus ihren Körpern geholt haben, übersteigt bei weitem meinen Schnupfen eines ganzen Jahres. Sie ziehen alles klebrige Eklige aus ihrer Nase hoch und spucken es in einem hohen Bogen in die Gegend. Nun, nicht hier im Bus, zum Glück. Meine Sitznachbarin wacht immer mal wieder auf, nur um plötzlich dieses gurgelnde Geräusch von sich zu geben und den Inhalt aus ihrem Mund herzhaft laut in die Tüte zu befördern. Und nun erschließt sich mir auch der Sinn des Ganzen: es sind weder Mülltüten, noch Kotztüten – es sind Rotztüten!
irgendwo da draußen...

Als wir nach quälenden 12 Stunden in Luang Prabang ankommen, fülle ich meine Rotztüte demonstrativ mit meinem Müll, trage ihn raus und schmeiße ihn in die dafür vorgesehene Tonne. Ach, was bin ich deutsch.
Eine etwas sympathischere Eigenschaft dagegen ist ihre Art, zu reden – und zwar  laotisch. Hier spricht keiner ein Wort Englisch, was mir meine Reise deutlich erschwert und ich mehrmals hilflos dastand, in wilder Zeichensprache gestikulierend. (Solche Tücken auf Reisen sind wirklich unberechenbar!) Aber sie unterhalten sich eben gerne mit Ausländern. Also wird laotisch gesprochen, komme da, was wolle (und sei es die Deutsche, die kein Wort versteht). Eine Unterhaltung läuft dann nicht selten wie folgt ab (am Beispiel eines Tuktuk-Fahrers):

Ich: Sabai dii (heißt Hallo, und ist das einzige Wort, das ich auf Laotisch kann)

Er: Sabai dii! Sabquai dii?

Ich: Äh, ja. I need to go here. (Dabei zeige ich ihm mein Wunschziel auf der Karte.)

Er: Joa deh? (Ich nehme hoffnungsvoll an, er meint so etwas wie Ja.)

Ich: Yes?

Er: Joa deh?

Ich: No?

Er: Joa deeeehhh???

Ich: I need to go here – HERE! (Und jetzt halte ich ihm die Karte schon dicht unter die Nase.)

wir verstehen uns...
(Das ist meist der Moment, in denen er mich erstaunt und mit hochgezogener Augenbraue mustert und ich mich frage, was ich falsch gemacht habe. Wenn ich dann freundlich lächle, gibt er mir mit einer Handbewegung zu verstehen, einzusteigen. Und dann geht es weiter:) 

Ich: How much is it?

Er: Laakhaa phaeng loai. Iaw saai khwaa, pqi seu-seu (und so weiter – es folgt ein wahrer Sprudel aus Lauten und Wörtern.)

Ich mache das vermeintlich internationale Zeichen für Geld: Daumen und Zeigefinger aneinander reiben.

Er: Laakhaa phaeng loai. Iaw saai khwaa, pqi seu-seu.

Ich: ???

Er: lacht.

Ich (des englischen überdrüssig): Ok, ich geb dir 30.000 Kip dafür, ich glaub das passt so oder?

Er: Ok.

Und dann drücke ich ihm 30.000 Kip in die Hand; wir grinsen uns an und verstehen uns.